Warum traditionelle Bewertungsansätze oft zu kurz greifen
Von Andreas Grimm, Resultate Institut
Wenn Versicherungsmakler über den Verkauf ihres Unternehmens nachdenken, konzentrieren sich viele ausschließlich auf die offensichtlichen Kennzahlen: Umsatz, Gewinn und Bestandsgröße. Doch diese Fokussierung auf reine Finanzkennzahlen führt häufig zu einer systematischen Unterbewertung des tatsächlichen Unternehmenswerts.
- Qualitative Faktoren als Preistreiber
Die Praxis zeigt: Zwei Maklerhäuser mit identischen EBIT-Zahlen können erheblich unterschiedliche Verkaufspreise erzielen. Der Grund liegt in den qualitativen Bewertungsfaktoren, die potenzielle Käufer zunehmend in den Mittelpunkt ihrer Kaufentscheidung stellen.
Bestandsqualität als Schlüsselfaktor: Ein diversifizierter Kundenbestand mit hoher Bindungsrate und geringer Stornoquote rechtfertigt deutlich höhere Bewertungen als ein volatiler Bestand mit hoher Kundenkonzentration. Käufer zahlen Aufschläge für vorhersagbare Cashflows und geringe Konzentrationsrisiken.
Digitalisierungsgrad und Prozesseffizienz: Moderne IT-Infrastrukturen, automatisierte Bestandsverwaltung und digitale Kundeninteraktion reduzieren nicht nur operative Kosten, sondern steigern auch die Attraktivität für Käufer erheblich. Ein volldigitalisiertes Maklerhaus kann oft mit 20-30% höheren Multiples rechnen.
Mitarbeiterstruktur und Nachfolgeplanung: Unternehmen mit gut ausgebildeten, langfristig gebundenen Mitarbeitern und klaren Verantwortungsstrukturen minimieren das Übernahmerisiko für Käufer. Besonders wertvoll sind etablierte Betreuungsstrukturen, die eine nahtlose Kundenübergabe ermöglichen.
- Marktposition und Wachstumspotenzial
Die regionale Marktstellung spielt eine entscheidende Rolle bei der Bewertung. Marktführer in attraktiven Regionen mit Wachstumspotenzial erzielen regelmäßig Premiumpreise. Dabei kommt es nicht nur auf die aktuelle Marktposition an, sondern auch auf die Entwicklungsmöglichkeiten: Gibt es Potenzial für Cross-Selling? Bestehen Expansionschancen in angrenzende Geschäftsfelder?
Spezialisierung als Werttreiber: Makler mit ausgeprägter Fachexpertise in Nischenmärkten – etwa Gewerbeversicherungen für spezielle Branchen oder komplexe Deckungskonzepte – können oft überdurchschnittliche Bewertungen erzielen. Diese Spezialisierung schafft Alleinstellungsmerkmale und reduziert die Vergleichbarkeit mit Standardanbietern.
- Strategische Vorbereitung maximiert den Verkaufserfolg
Eine erfolgreiche Unternehmensnachfolge beginnt nicht erst bei der Käufersuche, sondern Jahre vorher mit der strategischen Optimierung aller wertrelevanten Faktoren. Dazu gehört die systematische Analyse und Verbesserung der Bestandsqualität, die Modernisierung der Betriebsabläufe und die Stärkung der Marktposition.
Besonders wichtig ist die frühzeitige Dokumentation aller Geschäftsprozesse und die Schaffung transparenter Unternehmensstrukturen. Käufer schätzen Planbarkeit und Transparenz – chaotische Strukturen führen zu Bewertungsabschlägen oder erschweren den Verkauf erheblich.
- Fazit: Qualitative Faktoren entscheiden über den Preis
Die reine Fokussierung auf EBIT-Multiples greift bei der Maklerhausbewertung zu kurz. Entscheidend sind die qualitativen Faktoren: Bestandsqualität, Digitalisierungsgrad, Mitarbeiterstruktur und Marktposition bestimmen maßgeblich, welchen Preis Käufer bereit sind zu zahlen.
Makler, die diese Werttreiber systematisch entwickeln, schaffen sich Verhandlungsvorteile und erweitern ihren Käuferkreis erheblich. Wer hingegen nur auf die Finanzkennzahlen schaut, verschenkt oft erhebliches Potenzial bei der Unternehmensnachfolge.
Andreas Grimm ist Gründer des Resultate Institut und Experte für Unternehmensnachfolge im Versicherungsmaklerbereich.
Wenn Sie Ihren Maklerbestand indikativ bewerten wollen, wählen Sie den Online-Rechner des Resultate Instituts unter www.bestandswerte.de
