Eine Vielzahl wissenschaftlicher Studien aus den USA belegen Zusammenhänge zwischen Geld und psychosozialem Verhalten: Alles deutet darauf hin, dass Geld die Fähigkeit zu Empathie reduziert, ein Gefühl der Überlegenheit fördert und die Bereitschaft zu Regelbrüchen erhöht. Anders gesagt: Wer ständig mit viel Geld umgeht, ist – unabhängig von seiner Persönlichkeit – prädisponiert, sich antisozial zu verhalten. Umso wichtiger ist es für verantwortungsvolle Finanzberater, sich dieses Einflussfaktors bewusst zu sein und gezielt gegenzusteuern.
Die Macht des Geldes auf das psychosoziale Verhalten
An der Universität von Kalifornien in Berkeley erforschte der Psychologie Paul Piff, wie sich das Sozialverhalten eines Menschen ändert, wenn man ihm im Rahmen eines Monopoly-Spiels eine privilegierte Position mit viel Geld und Macht ermöglicht. In jedem der Tests überwand der Proband nach kurzer Zeit sein Unbehagen über die unverhofften Vorteile und verwandelte sich in einen effizienzgetriebenen, dominanten Spieler, der ohne eine Regung des Mitgefühls das Geld des schwächeren Spielers einstrich. Andere Untersuchungen von Piff beschäftigten sich mit dem Zusammenhang zwischen Geld und der Neigung zu unethischem oder egoistischem Verhalten. Und auch hier war eine Korrelation nachweisbar.
Geld-Priming macht egoistisch
Es ist nicht einmal erforderlich Geld – echtes oder Spielgeld – zu besitzen, um unbewusst von Geld beeinflusst zu werden. Allein an Geld zu denken, kann Menschen egoistischer, unabhängiger und weniger hilfsbereit machen. Zu dieser überraschenden Erkenntnis kam Psychologin Kathleen D. Vohs bei ihren Tests an der Universität von Minnesota, die sie im Jahr 2006 veröffentlichte in „The Psychological Consequences of Money”. Sie arbeitete mit zwei Arten von primenden Reizen. Darunter versteht man vorangehende Reize, mit denen die Verarbeitung anderer Reize beeinflusst werden soll. Eine Versuchsgruppe hatte einen Bildschirmschoner im Blickfeld, auf dem verschiedene Währungen gezeigt wurden, eine zweite Gruppe sollte Sätze bilden, in denen Begriffe wie „Rechnung“, „Scheck“ oder „Cash“ vorkamen. Bei der dritten Testgruppe gab es kein Geld-Priming, sie war die Referenzgruppe für normales menschliches Verhalten. Bei allen Tests erwiesen sich die Geld-geprimten Gruppen als weniger interessiert an den Nöten ihrer Mitmenschen, weniger großzügig bei Spenden für gemeinnützige Zwecke und beschrieben sich selbst als weniger emotional. Und all das nur, weil sie sich vor den Experimenten kurz mental mit Geld beschäftigt hatten.
Das Mindset des homo oecomomicus
Am 18. Mai 1986 hielt Ivan F. Boesky vor Absolventen der Universität von Kalifornien in Berkeley eine „Gier-ist-Gut-Rede“. Zitat: „Es ist gut, wenn man habgierig ist. Ich möchte sogar behaupten, dass es gesund ist, habgierig zu sein. Du kannst gierig sein und dich dabei gut fühlen.“ Diese Sätze spiegeln eine Grundhaltung wider, wie Dr. rer.pol. Carmen Kühn sie in ihrer Doktorarbeit „Psychopathen in Nadelstreifen“ als typisch für den homo oeconomicus beschreibt: „die idealtypischen Annahmen über das Verhalten des wirtschaftenden Menschen, den homo oeconomicus, finden sich im Menschenbild der Wirtschaftswissenschaften wieder. Der homo oeconomicus wird als Akteur dargestellt, der egoistisch und zweckrational handelt und dabei nur durch monetäre Anreize motivierbar ist und gleichzeitig versucht, unersättlich die Eigennutzenmaximierung anzustreben.“ In ihrer Arbeit wendet Kühn psychologische Verfahren zur Diagnose von Persönlichkeitsstörungen auf den homo oeconomicus an und deckt dabei auf, „dass das Menschenbild der Wirtschaftswissenschaften nach den internationalen Manualen die Kriterien für die Diagnose „Psychopathie“ erfüllt.“ Psychopathen sind gekennzeichnet durch ihre rücksichtslose, gefühlskalte, hochgradig egozentrische Haltung mit Tendenzen zur Kriminalität.
Die Konditionierungen der Finanzberater
Fasst man all diese Untersuchungen zusammen, unterliegt jeder im Finanzwesen Tätige einer Vielzahl von Einflüssen, die auf seine Fähigkeit einwirken, mit Kunden einfühlsam, verständnisvoll umzugehen und ethisch und gesamtgesellschaftlich verantwortungsvoll im Markt zu agieren. Finanzberater sind also fremdgesteuert von Glaubenssätzen aus Wirtschaft und Gesellschaft sowie von spontan auftretenden Reiz-Reaktions-Ketten in Zusammenhang mit Geld. Doch sind solche Konditionierungen veränderbar, wenn sie bewusst gemacht und reflektiert werden. Wer dies tut, dem gelingt es, mit der Komplexität menschlicher Gefühle rund um das Thema „Geld“ umzugehen und gleichzeitig wirtschaftlich erfolgreich zu sein.
Gabriela Friedrich
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