Fehler in der Beratungsdokumentation begründet Schadensersatzanspruch

Sorgfalt in der Finanzberatung schützt Vermittler und Kunden gleichermaßen. Wer seine Beratung aber fehlerhaft oder unzureichend dokumentiert, verliert seinen Anspruch auf Vergütung. Das hat jetzt ein Gericht festgestellt…

Sorgfalt in der Finanzberatung schützt Vermittler und Kunden gleichermaßen. Wer seine Beratung aber fehlerhaft oder unzureichend dokumentiert, verliert seinen Anspruch auf Vergütung. Das hat jetzt ein Gericht festgestellt. 

Das Urteil war eigentlich zu erwarten, dürfte aber dennoch manch einen Berater aufschrecken: Das Oberlandesgericht Dresden hat mit Urteil vom 03.07.2018 – Aktenzeichen: 4 U 1189/17 – die Klage einer Vertriebsgesellschaft auf Zahlung ihrer Vergütung für die Vermittlung einer Lebensversicherung – Nettopolice in Höhe von 6.712,84 Euro abgewiesen.

Was war passiert? Der Entscheidung lag zusammengefasst folgender Sachverhalt zu Grunde. Die Klägerin hatte dem Beklagen eine Lebensversicherung auf Nettopolicen-Basis vermittelt. Beide hatten dabei eine Vergütungsvereinbarung geschlossen, wonach die Klägerin für deren Tätigkeit eine Zahlung von 6.712,84 Euro verlangen kann. Die Klägerin stellte diesen Betrag in Rechnung. Nachdem der Kunde nicht zahlte, hat der Vermittler diesen hierauf verklagt.

Dass das Gericht nun die Klage abwies, hatte folgenden Hintergrund: Dem Kunden steht nach der Entscheidung des OLG Dresden ein Schadensersatzanspruch zu, mit dem er gegen den Vergütungsanspruch aufrechnen konnte. Ausgangspunkt dafür ist zunächst, dass der Kunde wie ein Kapitalanleger anlage- und anlegergerecht hätte beraten werden müssen:

Besondere Aufklärungspflicht, wenn Rendite über der Absicherung im Todesfall steht.

Stellt sich der Abschluss einer kapitalbildenden Lebensversicherung bei wirtschaftlicher Betrachtung als Anlagegeschäft dar, so ist der Versicherer entsprechend den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Aufklärung bei Anlagegeschäften verpflichtet, den Kunden bereits im Rahmen der Vertragsverhandlungen über alle Umstände verständlich und vollständig zu informieren, die für seinen Anlageentschluss von besonderer Bedeutung sind Maßgeblich für die Einordnung als Anlagegeschäft ist, ob gegenüber der Renditeerwartung die Versicherung des Todesfallrisikos von untergeordneter Bedeutung ist. Dies war hier der Fall.

Gemessen an diesen Anforderungen war die Beratungsleistung fehlerhaft: Zum einen wurde dem Kunden ein Anlagemodell mit einem hohen Risiko empfohlen, obwohl dessen Risikoprofil nur Anlagen mit einem mittleren Risiko vorsah. Die Risikobereitschaft konnte das Gericht schon der schriftlichen Beratungsdokumentation entnehmen. Hierin kam der Wunsch des Kunden nach der Sicherung des Lebensstandards im Alter, der Ermöglichung einer guten Ausbildung für die Kinder sowie nach Vorsorge und Vermögenszuwachs zum Ausdruck. Das empfohlene Anlagemodell entsprach jedoch nicht dem vom Kunden vorgegebenen mittleren Risiko. Zumindest hätte der Kunde nachdrücklich darauf hingewiesen werden müssen, dass der empfohlene Dachfonds zu mindestens 85 bis 95 Prozent in einen Fonds mit hohem Risiko investiert. Einen solchen Hinweis hat es weder nach der Aussage des Vermittlers enthalten noch in der Beratungsdokumentation gegeben. Der bloße Hinweis hierin auf einen möglichen Geldverlust reicht nicht aus.

Alleine schon die fehlerhafte Beratungsdokumentation begründet mithin einen Schadensersatzanspruch des Kunden, der den Vergütungsanspruch zu Fall brachte.

Zum anderen wurde im Rahmen der Beratung versäumt, auf die höheren Kosten bei Investition in einen Dachfonds gegenüber der Direktanlage in den Zielfonds sowie auf personelle Verflechtung zwischen dem Vorstand der Klägerin und der Anlagegesellschaft hinzuweisen.

Der Klägerin steht daher gegen den Kunden kein Anspruch auf Vergütung zu, weil dieser verlangen kann, so gestellt zu werden, wie er ohne Abschluss der fondsgebundenen Versicherung und der Vergütungsvereinbarung stehen würde.


Fazit:

Als Fazit bleibt hierzu festzuhalten. Fehlerhafte oder unzureichende Beratungsdokumentationen können dazu führen, dass der Vergütungsanspruch nicht durchgesetzt werden kann.

Der Bauhausspruch: „Nichts haftet besser als ein Makler“ kam dadurch zum Tragen.

Zeit und Mühe in eine richtige Beratungsdokumentation zu investieren lohnt sich mehr, als Geld in einen schlussendlich dann noch verlorenen Prozess.

Besser am Anfang in eine „saubere“ Beratung nebst Dokumentation investieren, als am Ende draufzahlen.

 

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Rechtanwalt Oliver Renner
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
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