Drohendes Provisionsverbot: Ein Statement von VSAV-Beirat Hans-Peter Wolter

Kommt das Provisionsverbot nun doch? Den Kommentar unseres Beiratsmitgliedes Hans-Peter Wolter dazu teilen wir. Es ist ein immer wiederkehrendes (Neid-?) Thema. Nach seiner Analyse hält Herr Wolter am Ende seines Artikels „Das Provisionsverbot murmelt wieder“ noch eine Empfehlung parat.

Kommt jetzt das Ende der Finanzberatung auf Provisionsbasis? Die EU will es jedenfalls. Dabei hat die Vergütungsform kaum etwas mit Beratungsqualität zu tun, dafür stehen andere Komponenten. Ein Kommentar.

Alter macht ja bekanntlich milder und weiser, dennoch können manche Themen auch diesen in sich ruhenden älteren Herren den Blutdruck in gefährliche Höhen treiben - zumindest bei langjähriger Berufserfahrung im Finanzbereich.

Ein solches Thema taucht wie das vielzitierte Murmeltier immer wieder auf – das Provisionsverbot. Die für Finanzdienstleistungen zuständige EU-Kommissarin Mairead McGuinness ließ Presseberichten zufolge verlautbaren, dass Kleinanlegern im provisionsbasierten System häufig Produkte verkauft werden, die besonders teuer seien. Solche Produkte sollen im Durchschnitt etwa 35 Prozent mehr Kosten verursachen als Anlageprodukte, für die es keine derartigen Verkaufsanreize gibt. Zur Stärkung der Verbraucherinteressen möchte sie daher ein EU-weites Provisionsverbot bei der Anlageberatung durchsetzen. Informationen über die Quelle einer Zahl in dieser Größenordnung liegen nicht überprüfbar vor.

Angebliche Milliarden-Schäden, die nie bewiesen wurden

Schon vor Jahrzehnten geisterten Zahlen über Schäden in Milliardenhöhe durch den Blätterwald, die Vermittler im Finanzbereich jährlich anrichten würden. Bewiesen wurden diese Zahlen nie, ein langes Leben war dem Narrativ allerdings beschieden.

In Holland und Großbritannien gibt es ein solches Verbot bereits - in Großbritannien schon seit 10 Jahren. Erfahrungen liegen also vor. Im Kern kann man wohl sagen, dass das Vertrauen in die Beratungsqualität gestiegen ist. Allerdings ist ein Großteil der Bevölkerung auch nicht mehr beraten worden. Das könnte an Honorar-Schwellenwerten liegen, unterhalb derer Neukunden erst gar nicht mehr angenommen werden. Wahrscheinlich handelt es sich dabei aber um genau die Menschen mit dem höchsten Beratungsbedarf.

Nun mag das von Land zu Land unterschiedlich sein. In Deutschland ist der Anteil an reinen Honorarberatern verschwindend gering. Der Endkunde fragt Honorarberatung deutlich weniger nach, weil er nicht gewohnt ist, für Finanzberatung Geld zu bezahlen. Gefühlt zahlt er bei Banken, Versicherungen und sonstigen Vermittlern für diese Dienstleistung seit jeher nichts – was natürlich Unsinn ist.

Eine dem Wunsch nach dem Provisionsverbot innewohnende Unterstellung ist die qualitative Überlegenheit der Honorarberatung gegenüber provisionsorientierten Systemen. Der Beweis ist bis heute nicht erbracht. Erfahrungsgemäß ist es unerheblich, welcher Kategorie die Beratung zuzuordnen ist – wichtig ist die Qualität der Beratung und der moralische Kompass des Beraters und nicht die Form der Vergütung.

Gerade Verbraucherschützer neigen zu einer einseitigen Bevorzugung der Honorarberatung. Provisionshöhen werden angeprangert und gerne auch schon einmal ein hoher Einzelabschluss als Beweis angeführt. Jeder Vermittler träumt von diesem großen Geschäft, das so immer greifbar nahe in der Zukunft liegt. Kommt es dann doch einmal vor, wird genau dieses Geschäft dann von interessierter Seite als Normalität ins Schaufenster gestellt. Nur – bei den meisten Beratern stellt sich dieses Geschäft nie ein.

Wer in der Finanzbranche ein auskömmliches Leben führen möchte, muss dafür immer wieder hart im Alltag von überwiegend kleinen und mittleren Geschäften arbeiten. Zeitintensive Vor – und Nachbereitung sowie Weiterbildungsaktivitäten werden dabei gerne einmal übersehen. Auch die Kundenbindung, die qualitativ gute Arbeit mit sich bringt, sollte nicht vergessen werden. Sie sorgt nicht zuletzt dafür, dass Provisionen nicht zeitproportional zurückzuzahlen sind – ein Thema, von dem die Honorarberatung nicht tangiert ist. Man könnte an dieser Stelle viele weitere Beispiele aufführen.

Es gibt einfach nicht den Goldstandard für Finanzberatung. Viele Honorarberater als auch provisionsbezahlte Vermittler machen eine richtig gute Arbeit. Die Ergebnisse zeigen erst in der Zukunft, wo in den Empfehlungen die Wahrheit lag. Mathematik ist an der Stelle unbestechlich.

Den Menschen die Wahl lassen

Wir müssen den Menschen die freie Wahl lassen, welche Form der Bezahlung sie leisten wollen. Wer andere Menschen zu ihrem Glück zwingen will, handelt in meinen Augen anmaßend und übergriffig. Er nimmt ihnen die Möglichkeit der eigenen Wahl und bevormundet sie. Ein so verstandener Verbraucherschutz stärkt den Verbraucher gerade nicht in seiner Fähigkeit zur Eigenverantwortung, er entlässt ihn geradezu daraus. Eine vornehme Aufgabe der Politik wäre es, intransparente Produkte und schlecht ausgebildete Berater jeglicher Couleur durch klare Regeln aus dem Markt zu nehmen. Die vielzitierten schwarzen Schafe, die ihre eigene Inkompetenz mit angelernten Sprüchen kompensieren, soll es auch in anderen Bereichen geben - die Politik ausdrücklich nicht ausgenommen.

VSAV-Beiratsmitglied 

Hans-Peter Wolter 

Mörscher Weg 4
68766 Hockenheim

E-Mail: wolter@wolter-finanz.com
Web:  www.wolter-finanz.com