Kein Provisionsanspruch bei Widerruf

Ein weiteres Merkmal unserer Zeit ist die immer kundenorientierte Gesetzgebung. Mit Konsequenzen für Makler und Vermittler. Dass Provision erst dann verdient ist, wenn der Vertrag vollständig zustande gekommen ist und der Kunde keinen Widerruf eingelegt hat, stellt uns unser langjähriger Netzwerkpartner Rechtsanwalt Oliver Renner unter Bezugnahme auf ein aktuelles Urteil dar. Offensichtlich freut sich manch einer zu früh.

Bis zum Ende der Widerrufsfrist liegt das Provisionsrisiko einzig beim Vermittler. Weil der Maklerpool nicht verpflichtet ist, gefährdete Verträge nachzubearbeiten.

Der Kläger, ein Versicherungsmakler forderte von einem Maklerpool die Zahlung von Provisionen für eine von ihm vermittelte Versicherung. Diese war – nachdem der Kunde den Vertrag widerrufen hatte – in Storno gegangen, ohne dass eine Stornogefahrmitteilung übersandt wurde oder eine Nachbearbeitung stattgefunden hatte. Der Versicherungsmakler wurde nun mit seiner Klage abgewiesen

Der Bundesgerichtshof hat in einer Leitsatzentscheidung wie folgt entschieden:

Die Ausübung des Widerrufsrechts nach § 8 Abs. 1 VVG durch den Versicherungsnehmer lässt den Provisionsanspruch des Versicherungsmaklers, auf den wegen einer starken Annäherung an die Stellung eines Versicherungsvertreters nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) der Rechtsgedanke des § 87a Abs. 3 HGB Anwendung findet, entfallen, ohne dass es einer Nachbearbeitung bedarf. (BGH, Urteil vom 08. Juli 2021 – I ZR 248/19 –).

Der Bundesgerichtshof begründet die Abweisung der Klage wie folgt:

Die Ausübung des Widerrufsrechts des Versicherungsnehmers nach § 8 Abs. 1 VVG stellt keinen Umstand dar, den derjenige zu vertreten hat, dem grundsätzlich die Nachbearbeitung obliegt. Im Streitfall hat folglich der Maklerpool im Verhältnis zum Versicherungsvertreter die Ausübung des Widerrufsrechts durch den Versicherungsnehmer nicht zu vertreten.

Nach § 8 Abs. 1 VVG kann der Versicherungsnehmer seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Begründung in Textform widerrufen. Diese Vorschrift räumt dem Versicherungsnehmer ein Recht zum Widerruf ohne sachlichen Grund auch für den Fall ein, dass er bereits anhand der nach § 7 VVG zur Verfügung gestellten Unterlagen eine informierte Entscheidung über den Vertragsschluss treffen konnte. Die Ausübung eines solchen allgemeinen Widerrufsrechts durch den Versicherungsnehmer kann nicht der nach § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB vom Unternehmer zu verantwortenden Risikosphäre zugeordnet werden.

Der Versicherungsvertrag ist gleichsam mit der Belastung des gesetzlichen Widerrufsrechts vermittelt worden, die sich durch die Widerrufserklärung verwirklicht, für deren Vornahme der Unternehmer keine Verantwortung trägt. Es liegt vielmehr in der alleinigen Entscheidung des Versicherungsnehmers, sich durch Ausübung des Widerrufsrechts vom Vertrag zu lösen. Diese Entscheidung hat der Unternehmer auch unter Berücksichtigung seiner Pflicht zu respektieren, die Interessen des Vermittlers und insbesondere dessen Provisionsinteresse zu wahren.

Fazit:

Solange das Widerrufsrecht besteht sollte daher nicht fest mit der Provision kalkuliert werden. Da keine Nachbearbeitungspflicht besteht und auch keine Obliegenheit besteht, Stornogefahrmitteilungen zu versenden trägt das Provisionsrisiko bis zum Ablauf der Widerrufsfrist alleine der Versicherungsvertreter.

Kontakt:

Oliver Renner
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Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
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