Sachwertanlagen – Aufklärung über Totalverlustrisiko?

Unsere Leser kennen seit Langem schon die Interpretationen unseres langjährigen Netzwerkpartners Rechtsanwalt Oliver Renner von der Kanzlei Wüterich und Breucker. Immer wieder erklärt er aktuelle Urteile und Gesetzestexte, so dass Beraterinnen und Vermittler diese auch verstehen. Jetzt hat er ein spannendes E-Book fertiggestellt – Prädikat: Lesenswert. Daraus stellt er erneut einen aktuellen Fall vor.

Finanzanlagenvermittlerverordnung ist Pflichtenprogramm de Anlageberater

Das Landgericht Flensburg hat mit Urteil vom 04.02.2022 – Aktenzeichen: 3 O 180/20 – einem Anleger gegen seinen Anlageberater Schadensersatz in Höhe von rund € 30.000,00 zugesprochen. Der Anleger hatte auf Empfehlung des Beraters eine Sachwertanlage gezeichnet, konkret eine Direktanlage in P&R Container.

Da der Berater unstreitig den Anleger weder über das Totalverlustrisiko informierte noch darüber aufklärte, dass das Vermögen des Anlegers über den investierten Betrag hinaus gefährdet sein kann, hat das Landgericht eine Pflichtverletzung angenommen.

In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird jedenfalls eine Aufklärung über das Totalverlustrisiko bei Investitionen in P&R Container verneint (so z.B. etwa OLG Oldenburg, Beschluss vom 28.07.2020 - 8 U 240/19; OLG München, Beschluss vom 13.07.2020 - 8 U 2610/20; OLG Stuttgart, Urteil vom 13.08.2020 - 2 U 564/19, OLG Bremen, Urteil vom 21.07.2021 - 1 U 4/21). Dem folgt das Landgericht Flensburg nicht.

Begründet hat das Landgericht Flensburg seine Entscheidung damit, dass die Aufklärung des Anlegers nach dem Pflichtenprogramm der Finanzanlagenvermittlerverordnung (konkret in der Fassung des 08.09.2015) zu erfolgen habe. Ein Beratungsvertrag verpflichtet den Berater/Vermittler zu richtiger und vollständiger Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluss des Interessenten von Bedeutung sind (so schon: BGH, Urteil vom 30.10.2014 – III ZR 493/13 -). „Insoweit kann das Pflichtenprogramm nach den §§ 11 ff. Finanzanlagenvermittlungsverordnung (idF vom 08.09.2015) herangezogen werden. Danach hat der Anlagevermittler u.a. über die mit der Kapitalanlage

verbundenen Risiken, insbesondere das Risiko des Verlustes der gesamten Kapitalanlage (§ 13 Abs. 2 S.2 Nr. 1 FinVermV), sowie über die Möglichkeit, dass dem Anleger aus den Geschäften weitere Kosten und Steuern entstehen können (§ 13 Abs. 3 Nr. 2 FinVermV), zu informieren. Der Anlagevermittler ist zudem verpflichtet, das Anlagekonzept und den Prospekt auf wirtschaftliche Plausibilität zu prüfen; unterlässt er dies, muss er darauf hinweisen.“, so das Landgericht Flensburg in seinem Urteil.

Als Fazit kann mithin festgehalten werden, dass in jedem Fall die Vorgaben der Finanzanlagenvermittlerverordnung einzuhalten sind und ggf. überobligationsmäßige Hinweise erteilt werden sollten. Damit kann eine Haftung vermieden, jedenfalls das Haftungsrisiko reduziert werden.

 

Oliver Renner

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
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