Verschärfte Haftung für Geschäftsführer

Ein weiteres Beispiel der veränderten Rahmenbedingungen: das Unternehmensstabilisierungs- und Restrukturierungsgesetz (StaRUG). Wie wichtig die Kenntnis darüber ist, ist dem Artikel „Haftungsfalle Geschäftsführer“ von unserem Netzwerkpartner BVSV e.V. zu entnehmen. Er schreibt darin nicht nur über Gefährdungspotentiale für ein Unternehmen, sondern liefert auch konkrete Lösungsansätze.

Im Zuge der Corona-Pandemie hat der Gesetzgeber den Gesetzentwurf zu Anpassungen im Sanierungs- und Insolvenzrecht verschärft. Nun sind Gesachäftsführer zur Einrichtung eines Risikofrüherkennungssystems verpflichtet.

Aufgrund der Vorgabe der EU Richtlinie 2019/1023 vom 20.06.2019 (Restrukturierungsrichtlinie) hat der Gesetzgeber das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (kurz StaRUG) neu eingeführt. In § 1StaRUG Krisenfrüherkennung und Krisenmanagement bei haftungsbeschränkten Unternehmensträgern ist geregelt, dass die Mitglieder des zur Geschäftsführung berufenen Organs einer juristischen Person (Geschäftsleiter) fortlaufend über Entwicklungen des Unternehmens zu wachen haben, die den Fortbestand der juristischen Person gefährden können. Erkennen sie eine solche Entwicklung, müssen sie geeignete Gegenmaßnahmen ergreifen und den zur Überwachung der Geschäftsleitung berufenen Organen (Überwachungsorganen) unverzüglich Bericht erstatten. Hierbei handelt es sich somit um eine Obliegenheitspflicht des Geschäftsführers. Dieses gilt aber auch durch die Ausstrahlungswirkung für die Geschäftsleitungsorgane von Unternehmensträgern anderer Rechtsformen

Das Gesetz stellt klar, dass die Frühwarnsysteme nach nationalem Recht auch Dritte betreffen, die über relevante Informationen über den Schuldner verfügen, zum Beispiel Wirtschaftsprüfer, Steuerbehörden oder Sozialversicherungsträger, die den Schuldner auf negative Entwicklungen aufmerksam machen können.

Der deutsche Gesetzgeber bedient sich für die Umsetzung des geforderten Risikofrüherkennungssystems sowohl den Obliegenheitsverpflichtungen der Organe der Gesellschaften, als auch den Hinweispflichten der Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte nach § 101 StaRUG.

Gleicher Pflichtenstandard des GmbH-Geschäftsführers wie für Vorstände einer AG

Gemäß § 43 Abs.1 GmbHG haben die Geschäftsführer in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. Verletzen die Geschäftsführer ihre Verpflichtung, so sind sie der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet (§ 43 Abs. 2 GmbHG). Trotz des abweichenden Wortlauts entspricht der gegenüber der Gesellschaft geschuldete Pflichtenstandard damit in seiner inhaltlichen Ausrichtung den strengen Anforderungen des § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG. Maßgebend ist folglich die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters. Das heißt: eines Geschäftsmannes „in verantwortlich leitender Position bei selbständiger treuhänderischer Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen“.

Dabei handelt es sich trotz des stringenten Haftungsmaßstabs um eine Verschuldenshaftung und nicht etwa um eine Verlagerung des unternehmerischen Verlustrisikos von der Gesellschaft auf den Geschäftsführer. Voraussetzung seiner Einstandspflicht ist folglich, dass der Geschäftsführer die für sein Amt geltenden Verhaltensregeln vermeidbar, also schuldhaft (§ 276 BGB) verletzt und hierdurch ursächlich einen Schaden der Gesellschaft herbeiführt. Allerdings findet zu Lasten des Geschäftsführers die Beweislastregel des §93 Abs.2 Satz 2 AktG entsprechende Anwendung.

Die GmbH trägt im Rechtsstreit um Schadensersatzansprüche gegen ihren Geschäftsführer gem. § 43 Abs. 2 GmbHG die Darlegungs- und Beweislast nur dafür, dass und inwieweit ihr durch Verhalten des Geschäftsführers in dessen Pflichtenkreis ein Schaden erwachsen ist.

Hingegen hat der Geschäftsführer darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen dass er seinen Sorgfaltspflichten gem. § 43 Abs.1 GmbHG nachgekommen ist, ihn kein Verschulden trifft oder dass der Schaden auch bei pflichtgemäßen Alternativverhalten eingetreten wäre. Er hat folglich darzulegen und zu beweisen, dass er die im Interesse der Gesellschaft gebotene Sorgfalt beachtet hat oder ihn bezüglich der Pflichtverletzung kein Verschulden trifft.

Risiken müssen sich in ein Früherkennungssystem einfügen

Unternehmerische Entscheidungen setzen notwendig die Bereitschaft voraus, zu Lasten der Gesellschaft Risiken zu übernehmen, um in dieser Weise neue Geschäftsfelder und Marktnischen zu erkunden. Bisher war es die einhellige Meinung, dass die vorher getroffenen wirtschaftlichen Entscheidungen des Geschäftsführers nicht mit den im Nachhinein gewonnenen Ergebnissen zu bewerten sind und in der Folge dem Geschäftsführer das Risiko eines ökonomischen Fehlschlags haftungsrechtlich zuzuordnen ist. Nunmehr greift durch die neue gesetzliche Regelung die Verschuldensorientierung im Rahmen der gesetzlichen Organhaftung.

Dieses bedeutet für den Geschäftsführer die Verpflichtung, die Entscheidung unter sorgfältiger Abwägung des Für und Wider, insbesondere der für die Gesellschaft bestehenden Risiken, angemessen vorzubereiten und die Ergebnisse im eigenen Interesse zu dokumentieren und der Gesellschafterversammlung zu berichten. Er darf im Rahmen seiner Geschäftsführertätigkeit Risiken eingehen, doch müssen sich diese aber in ein Risikofrüherkennungssystem einfügen.

Insgesamt sind die Anforderungen an die seitens des Geschäftsführers geschuldete Sorgfalt umso höher, je mehr sich im Stadium der Entscheidungsfindung mögliche Risiken und Unsicherheiten abzeichnen. Im Zweifel ist der Geschäftsführer gehalten, eine Entscheidung der Gesellschafterversammlung herbeizuführen. Sind diese verfahrensrechtlichen Vorgaben gewahrt, so scheidet eine Haftung des Geschäftsführers mangels Verschulden auch dann aus, wenn sich das Risiko nachträglich verwirklicht.

Darüber hinaus ist der Geschäftsführer im Rahmen seiner Leitungsfunktion zu einer angemessenen Risikovorsorge, insbesondere zur Einführung eines Risikomanagements, verpflichtet. Das galt bislang nur für Aktiengesellschaften. Deren normative Vorgaben erfassen nicht nur (börsennotierte) Aktiengesellschaften, sondern gelten je „nach Größe, Komplexität (und) Struktur“ auch für Gesellschaften in der Rechtsform der GmbH. Insofern wurden vor allem für mittlere und große GmbHs i.S.d. Größenklassen des § 267 HGB als zur „abgestuften“ Implementation eines „risikoorientierten Frühwarnsystems“ verpflichtet angesehen. Nunmehr wird für alle Unternehmen, unabhängig ihrer Größe ein Risikofrüherkennungssystem gefordert.

Besondere Risiken ergeben sich regelmäßig in der Krise der Gesellschaft, insbesondere im Vorfeld der Insolvenz beim Auftreten von Liquiditätsschwierigkeiten, sowie im Rahmen sonstiger Entscheidungen, die für die Rechtmäßigkeit des Handelns und die Wirtschaftlichkeit der Gesellschaft von entscheidender Bedeutung sind.

Die Komplexität der hier zu Tage tretenden Entscheidungslage sowie die häufig gegebenen zeitlichen Restriktionen potenzieren meist das Risiko von Fehlentscheidungen. Angesichts der hier offensichtlichen besonderen Gefährdung verliert die interne Geschäftsverteilung notwendig an Bedeutung (vgl. nunmehr § 64 Satz 3 GmbHG). Die Gesamtverantwortung aller Geschäftsführer lebt wieder auf.

Mit Analyse-Tools Risiken und Gegenmaßnahmen dokumentieren

Eine Lösung stellen beispielsweise die BVSV Risk-Checks dar. Hier werden insbesondere für die  kleinen und mittleren Unternehmen die einzelnen bestandsgefährdeten Geschäftsfelder durch Analysetools erfasst, und dokumentiert, und geben so dem Geschäftsführer die Möglichkeit über die vorhandenen Risiken, wie das Gesetz es fordert, zu berichten und jedes Jahr die eingeleiteten Gegenmaßnahmen zu dokumentieren. Dadurch kann der Geschäftsführer seine persönliche Haftung reduzieren und womöglich ganz vermeiden.

Kontakt:

Bundesverband der Sachverständigen für das
Versicherungswesen e. V. (BVSV e. V.)
Andreas Schwarz (1. Vorsitzender)
Staufer Str. 13
67133 Maxdorf

Telefon: 0151 41806912
E-Mail: andreas.schwarz@bvsv-ev.de
Web: www.bvsv-ev.de